Gesellschaftliche Immunisierung gegen Sekten

In Berlin ist Scientology nicht stark

5. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin zur Beobachtung von Scientology durch den Verfassungsschutz

Udo Wolf (Linksfraktion):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute eigentlich schon hinreichend das Thema Scientology und ihre Bedeutung im Abgeordnetenhaus diskutiert. Aus Orkangründen versuche ich, mich kurz zu fassen, weil alle dringend nach Hause wollen.

Die spannende Frage, die die Union bisher in keiner Debatte - sie läuft seit geraumer Zeit in Berlin - beantwortet hat, ist, was eigentlich die Beobachtung von Scientology durch den Verfassungsschutz real bringen soll. Das Ergebnis in Hamburg fällt so aus, dass Scientology in Hamburg nach wie vor ausgesprochen stark ist. In Berlin ist sie nicht stark. Das Argument, der Druck müsse auf Scientology durch eine Beobachtung des Verfassungsschutzes erhöht werden, kann nicht wirklich zielführend und hilfreich sein. Die spannende Frage - darin sind sich alle einig - ist, wie man sich gesellschaftlich gegenüber solchen Sekten wie Scientology immunisiert. Wenn Sie, Herr Jotzo, einen Antrag geschrieben hätten, wie man überlegt, Aufklärung im Jugend- und Bildungsbereich besser und effektiver zu gestalten, jetzt nach dem Umzug möglicherweise noch nachjustieren und nachsteuern kann, hätte man darüber reden können. Warum soll aber gleich als erstes bei einer Sektenfrage nach dem Verfassungsschutz gerufen werden mit dem Hinweis, er müsse beobachten. Die gesamte Debatte hat gezeigt, dass man keinen Geheimdienst braucht, um etwas herauszubekommen, darüber, was für eine miese Organisation Scientology ist und wie sie ihren Opfern schadet.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Deswegen, Herr Henkel, bekommt die Redundanz, mit der Sie den Innensenator wegen Untätigkeit und anderem angreifen, natürlich auch Geschmäckle. Die Debatte über Scientology scheint offensichtlich das Vehikel zu sein, einen erfolgreich, klug abwägenden Innensenator, der sich wohltuend von der Law-and-order-Revolistik früherer CDU-Innensenatoren unterscheidet, in irgendeiner Art und Weise ins Unrecht setzen zu wollen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Der Innensenator zeigt in dieser Frage keine Versäumnisse. Er hat angekündigt, dass natürlich jede neue Sachlage geprüft wird, um dann zu entscheiden, ob es sinnvoll ist, den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Ich glaube, dass wir bei dieser Prüfung das Verhältnis zwischen Schutzbedürfnissen von Opfern und dem Schutzbedürfnis der freiheitlich demokratischen Grundordnung sowie dem Schutzbedürfnis der Bürger vor dem Staat in dieser Abwägung abwägen müssen. Es ist nicht hilfreich, eine Sekte in den Fokus des Verfassungsschutzes zu nehmen. Viel sinnvoller kann es sein, sehr genau zu überlegen, wie man gesellschaftlich aufklärt. Wenn die Debatte dabei einen Beitrag leistet - hier verspreche ich mir vor allem etwas von der Debatte im Bildungs- und Jugendausschuss, weniger jedoch im Verfassungsschutzausschuss -, sind wir ein gutes Stück weiter im Umgang mit Sekten in dieser Stadt. - Danke schön!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

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