Schlechte Noten für Aufenthaltsgesetz

Der § 35 des Aufenthaltsgesetzes ist zu restriktiv. In Berlin gibt es deshalb Anwendungshinweise, die beispielsweise die Einschränkung mit den Schulzeugnissen herauszunehmen.

52. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin in der 16. Wahlperiode zur Beschlussempfehlung »Die Ausländerbehörde ist keine Schule –  Anwendungshinweise zu § 35 Aufenthaltsgesetz ändern!«

Danke schön, Herr Präsident! – Es entwickelt sich hier zu einem echten Expertengespräch, die ganze Maßnahme!

[Heiterkeit bei der Linksfraktion, der SPD und den Grünen]

Herr Wansner! § 35 Aufenthaltsgesetz muss selbstverständ­­lich auch im Land Berlin angewandt werden, weil Bundesrecht Landesrecht bricht, zu meinem Leidwesen, Herr Wansner!

[Kurt Wansner (CDU): Aber doch nicht bei diesem Innensenator! Der hat sich noch nie an Bundesrecht gehalten!]

In der Tat finde ich, dass § 35 Aufenthaltsgesetz viel zu restriktiv mit der Möglichkeit der Niederlassungserlaubnis umgeht. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass wir eine bundesgesetzliche Regelung bekommen hätten, wo die Hürden für die Niederlassungserlaubnis tatsächlich abgesenkt werden. Da dem nicht so ist, haben wir es mit Anwendungshinweisen zu tun.

Da, liebe Kollegin Bayram, haben wir uns, als wir noch zusammen in einer Koalition waren – es ist ja noch nicht so lange her –, gemeinsam darum bemüht – ich glaube, damals hat Frau Öney noch für die Grünen den Antrag zu den Anwendungshinweisen geschrieben –,

[Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne): Ja!]

diese inkriminierte Formulierung in den Anwendungshinweisen zu verändern.

[Canan Bayram (Grüne): Ich fühle noch so!]

Das haben wir geschafft, und wir haben es so geschafft, dass die Restriktion mit den Schulzeugnissen herausgenommen wird und nur noch im Zweifelsfall in Anwendung gebracht wird.

[Beifall von Giyasettin Sayan (Linksfraktion)]

Das ist ein schöner Erfolg unserer gemeinsamen Bemühungen, hier zu einer vernünftigen, auch liberalen Aufent­halts­politik in dieser Stadt zu kommen.

Weil das Problem jetzt wieder aufgetaucht ist, dass möglicherweise in der Ausländerbehörde das eine oder andere Mal doch noch zu restriktiv nachgefragt oder nachgeforscht wird, hat der Staatssekretär auch immer wieder gesagt: Wenn Sie Einzelfälle haben, bringen Sie sie, wir können sie noch mit der Ausländerbehörde nachträglich klären, ob dort nicht im Zweifelsfall zu restriktiv gehandelt wird. Die Sache ist erledigt, was die Möglichkeiten auf der Ebene – – Hier blinkt es, es möchte jemand eine Zwischenfrage stellen?

Präsident Walter Momper:

Ja, es möchte die Kollegin Bayram, wenn Sie gestatten, eine Zwischenfrage stellen.

Udo Wolf (Linksfraktion):

Aber selbstverständlich, Frau Bayram! Alles nur für Sie heute!

Präsident Walter Momper:

Dann hat Frau Bayram das Wort. – Bitte schön, Frau Bayram!

Canan Bayram (Grüne):

Herr Wolf! Ich war jetzt wirklich versucht zu sagen: Glauben Sie wie Ihr Bruder auch, dass nur, weil einige sagen, das LGG werde angewandt, dass es deswegen angewandt wird? Und glauben Sie Staatssekretär Freise das, nur weil er sagt, das haben wir geändert? Soll ich dafür meine ganze juristische Ausbildung über Bord werfen? Es ist eben nicht in dem Sinn geändert. Da hilft es auch nichts.

[Frank Zimmermann (SPD): Frage?]

– Meine Frage ist: Machen Sie sich damit zum Vorkämpfer für die Migrantinnen und Migranten? Wie schnell lassen Sie sich hier einlullen?

[Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion):
Das ist ja eine interessante Frage!]

Udo Wolf (Linksfraktion):

Sehr geehrte Frau Bayram! Was die Sache mit dem Glauben in der Politik ist, damit habe ich es nicht so dolle, mit dem Glauben.

[Beifall von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Es ist tatsächlich die Aufgabe der Legislative, Kontrolle auszuüben. Das wollen wir auch gerne weiterhin tun. Wenn die Aussage des Staatssekretärs so getroffen wurde, wie sie übrigens zum Teil sogar richtig von Herrn Wansner zitiert wurde,

[Kurt Wansner (CDU): Na, sehen Sie!]

dann werden wir immer wieder dort, wo Einzelfälle auftauchen, wo entgegen dieser Aussagen gehandelt wurde, kontrollieren und versuchen nachzujustieren. Das haben wir übrigens auch in der Vergangenheit getan.

Ich – im übrigen – mache es mir nicht so einfach, wie Sie es sich gemacht haben, nämlich in der Situation, wo wir gerade bei dieser schwierigen Materie immer wieder sehr schwierige Auseinandersetzungen auch in der Koalition zu führen hatten, einfach in die Opposition zu wechseln und dann nur noch Anklage zu üben. Ich versuche, in der Sache weiter etwas zu verändern, das ist vielleicht auch eine vernünftige Lösung. – Danke schön!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

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