Sagen, wer's erfunden hat

LINKE-Fraktionschef Udo Wolf setzt im Wahlkampf auf Landespolitik statt Geschichtsstreit

Auf derzeit ein politisches Patt zwischen Grün-Schwarz und Rot-Rot mit nur wenigen Stimmen Unterschied verweist Udo Wolf, Fraktionschef der LINKEN im Abgeordnetenhaus. So bekräftigt er am Mittwoch vor Journalisten als Wahlziel die Fortsetzung des Regierungsbündnisses mit der SPD. Aus einer Bilanz der LINKEN mit knapp drei Dutzend zum Teil gewichtigen Punkten folgert er auch, dass es Bereiche gebe, die verteidigt werden müssen. »Nicht alles was durchgesetzt wurde, ist nun in Stein gemeißelt«, warnt er.

Probleme für die Linkspartei im Wahlkampf macht er aus, wenn es um rückwärtsgerichtete Geschichtsdebatten wie um den Mauerbau oder umstrittene Glückwünsche an den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro gehe. Das »schadet natürlich der Akzeptanz im Westen und im Osten«, würde die eigene Mitgliedschaft verunsichern. Udo Wolf verweist zu den Streitthemen auf klare Beschlüsse, die im Landesverband »nicht umstritten« seien. Er hätte sich gewünscht, dass die Gesamtpartei in diesem Jubiläumsjahr des Mauerbaus vor 50 Jahren »etwas mehr Sensibilität« aufgebracht hätte. Hier werde ja jeder Halbsatz genau vermerkt. Auf Beruhigung hofft er nun nach einem Treffen am Montag mit der Bundesspitze.

Aus dem Straßenwahlkampf hat Udo Wolf aber auch diese Frage mitgebracht: Wer hat's erfunden? »Seid Ihr nicht viel zu leise mit dem umgegangen, was Ihr erreicht habt«, würden sich Bürger erkundigen. Dazu bescheinigte Wolf der SPD »weniger Scham, Dinge als Erfolg zu verkaufen, zu denen sie noch vor zwei Jahren eine ganz andere Meinung hatte«. Damit wolle seine Partei offensiver umgehen. So sei beispielsweise der Arbeitskreis Industriepolitik nach einer Idee von Wirtschaftssenator Harald Wolf und der IG Metall entstanden.

Auch in der zunehmend problematischen Berliner Wohnungsfrage dürfte das gelten. So wehrt sich Udo Wolf bei dem Mietenthema gegen Kritik, die LINKE sei ja selbst zehn Jahre in Regierungsverantwortung. Das Problem habe sich erst entwickelt, sei dann aber bereits 2008 von seiner Partei auf die Tagesordnung gesetzt worden. Die wurde von ihrem Koalitionspartner allerdings immer wieder »ausgebremst«.

Nach der entschiedenen Personaldebatte um den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und seine grüne Herausforderin Renate Künast wünscht sich Udo Wolf nun einen stärker inhaltlich orientierten Wahlkampf. Eben mit Wohnungspolitik, Rekommunalisierung von Unternehmen der Daseinsvorsorge oder Bürgerbeteiligung will die Partei auch in jenem guten Viertel Wahlberechtigter mobilisieren, das sich erst kurz vor der Wahl entscheidet. Und im Streit um die Flugroute über den Müggelsee vertritt die LINKE als Streiter für Ost-West-Gerechtigkeit und mit Blick auf ihre Herkunft klar ostdeutsche Interessen.